IIm 21. Jahrhundert gibt es in Indien etliche staatliche Organisationen und internationale NGOs, welche Problemen wie Unterernährung, Hunger, Krankheiten und deren sozialen Auswirkungen wie Kriminalität, Prostitution oder Alkoholismus entgegenarbeiten und Menschen in Not unterstützen. Bedürftige wissen aber oft nicht, wie und wo sie die bereitgestellte Unterstützung erhalten können. Denn Slumbewohner haben oft keine realistische Idee, wie sie ihren Verdienst verbessern können oder an faire Kredite kommen. Neuzuzügler vom Land haben keine Ahnung, wie sie in einer chaotischen Grossstadt ihre Kinder in der richtigen Schule anmelden sollen. Analphabeten wissen nicht, wo sie bezahlbare, gute Medikamente besorgen können. Entwurzelten fehlt die Sozialkompetenz, Familienkonflikte gewaltfrei und konstruktiv zu lösen.
Der Projektpartner Inter Aide und die Limmat Stiftung setzen ein neues Konzept um, das diesen Bedürftigen den Zugang zu bestehenden Hilfsangeboten erleichtert. Im Brennpunkt des Projekts stehen je ein Kompetenzzentrum in Slums von Mumbai und Pune, zwei Metropolen im westindischen Bundesstaat Maharashtra.
In der ersten Projektphase 2009 wurden 4 Zentren aufgebaut, wo 1'968 Familien aus 6 Slums Informationen und Hilfe fanden. 37 Prozent der Gesuche betrafen Krankheiten und ihre problematischen Folgen. Die zweithöchste Fallquote (21%) bestand 2009 aus Familien, die bei der Beschaffung von Dokumenten Unterstützung brauchten. In weiteren 12 Prozent der Fälle ging es um Schulprobleme und in 11 Prozent um familiäre Streitigkeiten. Bei einer Befragung gaben 54 Prozent der Familien an, dass sich durch die Unterstützung eines der vier Kompetenzzentren ihre Situation stark bis sehr stark verbessert habe.
So meldete sich zum Beispiel die 5-köpfigen Familie Kalambai aus Pune. Sie konnten die medikamentöse Behandlung des HIVpositiven Vaters nicht finanzieren. Dank der Vermittlung zu einem Gesundheitszentrum bekam der Mann die nötigen Medikamente, so dass er sogar wieder stundenweise arbeiten kann.
Auch Frau Hayatbi Shaikh aus Pune war in einer Notsituation, als sie ich zur Beratung meldete. Sie betrieb in ihrer Wohnhütte auch einen kleinen Kiosk. Bei einer Überschwemmung wurde ihre gesamte Habe vernichtet. Mit einem Kleinstkredit von 3000 Rupien (rund 50 Euro) hat sie neue Ware eingekauft. Nach 3 Monaten hatte sie diesen Kredit abbezahlt und nahm ein neues Darlehen in doppelter Höhe auf. Damit konnte sie Umsatz und Gewinn steigern, so dass sie monatlich sogar eine kleine Summe für die Ausbildung ihrer Kinder auf ein Sparkonto legen kann.
Frau Mangala ist einer Krankenkasse beigetreten. Als ihr Mann, der als Tagelöhner arbeitet, später plötzlich schwer erkrankte, konnte die Kasse ihm eine Spitalbehandlung bezahlen, was ohne diese Mitgliedschaft nie möglich gewesen wäre.
Die Limmat Stiftung unterstützt das Projekt auch in seiner zweiten Phase, in der zwei Ziele verfolgt werden: Einerseits läuft das bisherige Projekt weiter, wobei vermehrt auch Begünstigte gefördert werden, die eine berufsorientierte Ausbildung anstreben. Andererseits müssen in dieser Phase die verschiednen lokalen Beraterteams, Krankenkassen und Gesundheitszentren so weit stabilisiert werden, dass sie ohne ausländische Hilfe ihre Dienste selbsttragend weiterführen können.
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