Potrero Grande ist geprägt von Armut, Perspektivlosigkeit und mörderischer Gewalt. Drogen- und Alkoholmissbrauch sind Alltag. Dieses Armenviertel liegt an der Peripherie von Cali, ein Niemandsland, wohin man Binnenflüchtlinge abschob, die vor gewalttätigen Auseinandersetzungen aus dem Hinterland in die Stadt geflohen waren. Wer in Potrero Grande gestrandet ist, hat weder dort noch sonst wo eine Chance. Denn an seinen Bewohnern haftet das Stigma des Asozialen.
Jugendliche dieser Banlieues kompensieren die vielen Probleme durch Drogenkonsum, unterwerfen sich kriminellen Gangs, machen Raubüberfälle, beschaffen sich Waffen etc. Ein Teufelskreis: Armut, Gewalt, Mord, Vergeltungsmassnahmen.
Eines war klar: Die Bevölkerung von Potrero Grande brauchte Hilfe, um den Teufelskreis zu durchbrechen. Verantwortungsvolle Bürger aus Cali trommelten staatliche und nichtstaatliche Organisationen zusammen und bauten das Jugendzentrum «Somos Pacífico». Darin finden Kinder und Jugendliche Beschäftigung und Räume für eine Bibliothek, Kunstproduktion, Computer, Werkstätten, Gemeinschaftsaktivitäten und Sport.
2014 lancierte die Fundación Alvaralice in den Räumen des Zentrums das Ausbildungsprogramm Rumbo Joven (Kurswechsel Jugend). 2017 stieg dann die Limmat Stiftung mit einer Teilfinanzierung dieses Ausbildungsprogramms in Potrero Grande ein. Nun können dank der Zuwendung aus der Schweiz jährlich 150 Heranwachsende eine achtmonatige Ausbildung in den Bereichen Logistik, Verkauf und Informationstechnologie absolvieren. In einer ersten Phase der Ausbildung geht es vor allem darum, die Jugendlichen zu motivieren und ihnen ein tragfähiges Selbstbewusstsein zu geben. Hier werden auch Themen wie Konfliktlösung und Zukunftsplanung behandelt.
Nach dieser Orientierungsphase werden schulische Defizite wie Schreiben, Lesen und mathematische Grundkenntnisse nachgeholt.Anschliessend absolvieren die Jugendlichen die sechs Monate dauernde Fachausbildung. In der dritten Phase wird den Teilnehmern ein Praktikum in einem Betrieb vermittelt, und sie werden auf den Bewerbungsprozess vorbereitet. Viele der Absolventen von Rumbo Joven wurden von den Firmen angestellt, in welchen sie ihr Praktikum gemacht haben.
Diese Kurse werden zu 70–80 Prozent von Frauen belegt, davon sind 10 Prozent alleinerziehende (Teenager-)Mütter. Durchschnittlich stehen drei Viertel der Einsteigerinnen die neun Monate dauernde Ausbildung bis zum Ende durch. Von den Absolventinnen gehen anschliessend 60 Prozent einer regelmässigen Arbeit nach. Kursabbrecher geben an, dass sie sofort Geld verdienen müssen, einige begründen den Abbruch mit der prekären Sicherheitslage auf dem Weg zu den Kursorten.
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