Kinder und Jugendliche, die auf der Strasse leben, sind aggressiv und gewalttätig und anerkennen nur ihre eigenen Gesetze. Sie arbeiten auf der Strasse, weil ihre Eltern zu wenig zum Leben haben. Und obwohl sie zu Hause Gewalt und Missbrauch erleben, halten einige dieser «jóvenes trabajadores» Kontakt zur Familie. Diese verwahrlosten Kinder einen ganzen Tag in eine Schulbank zu setzen, scheitert meist, selbst bei ehrbarsten Absichten. Um sie in die Normalität zurückzuholen, muss man sie als arbeitende Kinder anerkennen, ihren sozialen und individuellen Erfahrungen ihres bisherigen Lebens Rechnung tragen.
Eine angemessene Betreuung dieser arbeitenden Kinder sind offene Schulen für arbeitende Jugendliche auf der Strasse, wo sie mehr oder weniger freiwillig vor oder nach der Arbeit hingehen, wo sie eine Unterstützung bekommen, die langfristig identitätsbildend wirkt, damit sie später aus eignem Entschluss von der Strasse weggehen und eine reguläre Schule oder Berufsausbildung absolvieren. Die Lehrkräfte begleiten die Jugendlichen als Tutoren. In einer ersten Phase müssen sie das Vertrauen der seelisch und körperlich verwahrlosten Kinder gewinnen und sie stabilisieren. Allmählich wandelt sich ihre Aggressivität in konstruktiven Lebenswillen. Sie üben sich in Selbstdisziplin, Mitverantwortung und bauen langsam ein positives Selbstbewusstsein auf.
Bevor ein Schulstoff vermittelt werden kann, müssen diese Kinder Elementares wie entspanntes Atmen, realistische Wahrnehmung von Raum und Zeit, Fein- und Grobmotorik und den behutsamen Umgang mit Einrichtungen und Sachen lernen. In einer zweiten Phase erweitern sie ihren Wortschatz und lernen Rücksichtnahme, kooperatives Verhalten und zielgerichtetes Handeln. Erst in der dritten Phase liegt der Schwerpunkt auf dem eigentlichen schulischen Lernen. 2006 konnten die ersten neun Jugendlichen, die vom YMCA betreut wurden, das Primarschul-Diplom in einer öffentlichen Schule erreichen. Dies zeigt, dass die gewählte Methodik zur erfolgreichen Lösung der Problematik beitragen kann.
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